Studienbegleitende Angebote: Deutschlernen im Studium

Das erste Semester lief gut für Rami Khater. „Wir hatten noch keine Klausuren, sondern haben im Projektseminar eher praktisch gearbeitet“, sagt der 21-jährige Syrer, der an der Technischen Hochschule (TH) Köln Soziale Arbeit studiert. In seinem Studiengang hat er schon viele Freunde gefunden. „Alle waren sehr freundlich und die Arbeit in Gruppen hat Spaß gemacht."


Über das Landesprogramm „NRWege ins Studium“ werden seit Anfang 2017 studienvorbereitende Angebote für Flüchtlinge an Hochschulen gefördert. Nach und nach rücken die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Kurse nun in die Fachstudiengänge auf. Der Übergang von den Vorbereitungskursen ins Studium hat es in sich, das weiß auch Dr. Ursula Hassel, Leiterin des Sprachlernzentrums der TH Köln. „Wir legen deshalb Wert auf eine sorgfältige Auswahl bei der Aufnahme in das studienvorbereitende Programm und machen schon in den Beratungsgesprächen deutlich, dass eine hohe Leistungsbereitschaft gefordert ist“, betont die Germanistin. „Nicht nur die Sprache, auch die Lernkultur ist in Deutschland eine andere.“

Die TH setzt daher auf Module zur Hochschulsprache Deutsch, die den Start ins Studium erleichtern. Wie kann ich wissenschaftliche Texte schneller und besser verstehen, wie beschreibe ich technische Prozesse und wie halte ich einen fachlichen Vortrag? Diese und ähnliche Themen stehen im Zentrum der studienbegleitenden Lehrveranstaltungen B2+ und C1 Wissenschaftssprache Deutsch, die das Sprachlernzentrum der TH Köln anbietet und für die es  ECTS-Punkte gibt. Rami Khater hat sich für das nächste Semester schon angemeldet. Sein Deutsch ist hervorragend, das wissenschaftliche Schreiben fällt ihm aber noch schwer. „Hausarbeiten zu schreiben, das ist heftig“, sagt er. „Da braucht man Unterstützung.“

Ghassan Geyer, 33, und Kenan Heiloun, 34, sehen das genauso. Beide Syrer bringen bereits ein abgeschlossenes Studium und Berufserfahrung mit. Am Sprachlernzentrum der TH Köln haben sie die studienvorbereitenden Angebote erfolgreich abgeschlossen und zählen zu den Absolventen, die an der TH nun einen deutschen Hochschulabschluss machen. Sprachlich fühlten sie sich bestens gerüstet, die erste Vorlesung war dennoch ein schwieriger Schritt. „Viele unbekannte Wörter, ein anderes Tempo, das war nicht leicht“, erinnert sich der Maschinenbaustudent Heiloun.

Dem Wirtschaftswissenschaftler Geyer, der seit dem Wintersemester 2017 Erneuerbare Energie studiert, ging es ähnlich. Doch die gute Vorbereitung half. „Wir haben im Vorstudium unglaublich schnell viel gelernt“, sagt er. Besonders wertvoll war die Projektarbeit: In den studienvorbereitenden Deutschkursen an der TH Köln halten alle Teilnehmer eine Präsentation zu einem wissenschaftlichen Thema. „Es sind viele kleine Details, in denen sich die Lernsysteme unterscheiden“, hat Ghassan Geyer festgestellt. „Diese Arbeitsweise früh kennenzulernen, war für mich sehr wichtig, es hat mir im Studium von Anfang an geholfen.“

Je eher die Orientierung auf das Fachstudium einsetzt, desto besser. Das beobachtet auch Stephanie Gotza, Leiterin des Zentrums für Kompetenzentwicklung an der Hochschule Ruhr West (HRW) in Mülheim. „Wir verzahnen die Sprachausbildung in unserem Studienintegrationsprogramm (SIP) für Geflüchtete sehr stark mit Inhalten, die auf den Alltag im Studium und das wissenschaftliche Arbeiten vorbereiten“, betont sie. Die HRW biete generell verschiedene überfachliche Angebote an, die allen Studierenden der Hochschule offenstehen. Der zentrale Sprachennachmittag am Mittwoch werde unter anderem auch dazu genutzt, einen begleitenden Deutschkurs auf C1-Niveau für ehemalige SIP-Teilnehmer anzubieten.

An der HRW sind inzwischen 22 Studierende eingeschrieben, die das Vorstudium erfolgreich abgeschlossen haben „Wichtig ist, auch während des Studiums Zeit zum Deutschlernen einzuplanen“, so Gotza. „In Zusammenarbeit mit unseren Kollegen aus der Studienberatung unterstützen wir unsere Teilnehmer deshalb auch beim Erstellen der Stundenpläne.“

Wie motivierend der Austausch mit anderen ist, dafür ist Ahmad Abdulhai das beste Beispiel. Der 25-jährige Syrer nahm 2017 an einem vorbereitenden Deutschkurs für die Deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang (DSH) der RWTH Aachen teil, der durch die Clearingstelle des International Office der RWTH für studieninteressierte Flüchtlinge aus Mitteln des Landesprogramms "NRWege ins Studium" finanziert wurde. Von Anfang an engagierte er sich in verschiedenen Projekten, unter anderem in der Studierenden-Initiative „Start with a friend“, die Tandempartner vermittelt. Nach zwei Jahren spricht der Syrer sehr gut Deutsch und studiert im zweiten Semester Scientific Programming an der FH Aachen. An der RWTH engagiert er sich weiterhin im Lernraum. Die Initiative des Vereins Starring Aachen wird von der RWTH unterstützt.

Die Clearingstelle des International Office der RWTH arbeitet eng mit anderen lokalen Partnern und Vereinen wie Starring Aachen zusammen, die sich für die Integration von Flüchtlingen einsetzen. Von der Tafel bis hin zu Büchern, einem Drucker und Stühlen hat sie die Ausstattung des Lernraums finanziert und dem Verein aus NRWege-Mitteln eine Stelle als Wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Betreuung eingerichtet.

Mehr als 200 Studierende nutzen das Angebot und sind über eine Whatsapp-Gruppe vernetzt. Neben dem offenen Lernbetrieb stehen wöchentlich DSH-Tutorien auf dem Programm, eine Sprechstunde Mathematik und eine fächerübergreifende Gruppennachhilfe unterstützt bei fachlichen Fragen. Für Abdulhai ist der Lernraum ein wichtiger Ort. „Wir wollten einen Treffpunkt schaffen, an dem Flüchtlinge mit anderen zusammen in Ruhe lernen und sich Unterstützung holen können“, sagt er. „Den Erfolg unserer Idee verdanken wir auch der Hochschule.“

Text: Gunda Achterhold